Zum Gedenken an Wolfgang Thust

Brückenbauer, Vorbild und unermüdlicher Kämpfer für Schlesien

– Beitrag von Karsten Riemann –

Am 12. Oktober 2021 verstarb an seinem Wohnort Balduinstein Wolfgang Thust im Alter von 84 Jahren. Seit 1995 aktives Mitglied des Vereins zur Pflege schlesischer Kunst und Kultur (VSK), setzte er sich von Anfang an für die Verständigung mit der heutigen polnischen Bevölkerung und den Erhalt der schlesischen Kultur ein.
Dabei ist die Würdigung seines ehrenamtlichen Einsatzes nicht von seiner beruflichen Kompetenz zu trennen. Wolfgang Thust galt als der Spezialist für die Marmorbearbeitung und vor allem für die Anfertigung von gestalteten Grabmalen und Denkmälern für die Steinmetzbetriebe. Diese Profession brachte er als fachkundiger Berater auch bei vielen Projekten des VSK in hervorragender Weise mit ein.
Wolfgang Thust wurde 1937 in Breslau geboren. Er wuchs zunächst in Schreiberhau im Bewusstsein auf, einer Dynastie steinverarbeitender Betriebe seit der Firmengründung 1819 anzugehören, die bis zum 2. Weltkrieg zu den zehn größten Steinmetzbetrieben in Deutschland gehörte. Nach der Flucht 1945 ließ sich die Familie in Balduinstein an der Lahn nieder, wo bereits ein Thust-Zweigwerk bestand. Wolfgang Thust übernahm 1962 in 5. Generation die Leitung des Werkes und richtete spätestens seit der politischen Wende 1989 in Europa sein Augenmerk wieder auf den traditionellen schlesischen Marmor.
Das verband er von nun an auch mit seinem ehrenamtlichen Engagement, indem er über viele Jahre Busfahrten, auch mit VSK-Mitgliedern, nach Schlesien organisierte. Er führte seine Besucher zu vielen der in Stein gehauenen nachhaltigen kulturellen Schätze Schlesiens. So zeigte er unter anderem stets mit Stolz die freitragende Marmortreppe der Firma Thust im Schloss, in dem sich heute das Museum „1000 Jahre Breslau” befindet. Diese hat sogar die verheerende Belagerung Breslaus 1945 überlebt.
Seine jährlich vielfachen beruflichen und privaten Fahrten nach Schlesien nutze er auch, um für eine deutsch-polnische Verständigung und Zusammenarbeit zu werben. Die durch viele Begegnungen entstandenen Freundschaften und Verbindungen mit polnischen Neu-Schlesiern sind ein Verdienst Wolfgang Thusts, das auch nach seinem Tod weiter wirken wird.
Als ausgezeichneter Steinfachmann begeisterte er bei der kulturellen Projektarbeit des VSK immer wieder mit wertvollen Expertisen, mit denen er sich sowohl als Mitglied des Beirats, als auch über Jahre als Vorstandsmitglied eingebracht hat. So ist es beispielsweise seiner fachlich fundierten Beratung und steten Aufsicht zu verdanken, dass das große Projekt zur Sanierung der barocken Grabkapellen an der Hirschberger Gnadenkirche, das der VSK als Juniorpartner gemeinsam mit der Stadt Hirschberg von 2009 bis 2013 durchführte, erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Noch bei der diesjährigen Jahrestagung Anfang Oktober setzte er sich in Buchwald beratend beim aktuellen Projekt zur Wiederherstellung der marmornen Persiusbank ein.
Wir werden Wolfgang Thusts Beratung, seine fachlichen Ratschläge, seine herzliche Zuwendung und vor allem seinen bis zuletzt unermüdlichen Einsatz für die Kulturarbeit des VSK sehr vermissen.

Für die Mitglieder und den Vorstand des VSK
Karsten Riemann, Ehrenvorsitzender


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