Geschichte des ehemaligen evangelischen Friedhofs in Schreiberhau (1843-2024)

– Beitrag: Ivo Łaborewicz –

Der stillgelegte evangelische Gottesacker in der Piastowska-Straße in Niederschreiberhau ist nicht der älteste Friedhof der Stadt. Dennoch hat er einen besonderen Charakter, allein schon wegen der Bedeutung der dort begrabenen Personen. Zahlreiche Glasmacher und andere Künstler aus verschiedenen Kunst- und Wissenschaftsbereichen haben dort ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Die seit 1742 bestehende evangelische Gemeinde in Schreiberhau verfügte lange Zeit nicht über eine eigene Begräbnisstätte, sondern nutzte den Friedhof neben der katholischen Kirche – heute die Friedhofskapelle in der Piastowska-Straße. Sie verfügte selbst nicht über ein geeignetes Grundstück, es fehlte an Geld. Die guten Beziehungen zur örtlichen katholischen Gemeinde und die problemlose gemeinsame Nutzung der Begräbnisstätte zwangen sie nicht, in dieser Richtung tätig zu werden. Erst anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Baus der eigenen Kirche wurde Pfarrer Robert Gustav Standfuss für den Friedhof aktiv, der das „wichtigste Geschenk” der evangelischen Gemeinde Schreiberhau anlässlich dieser Feierlichkeiten sein sollte.

Im Jahr 1843 führte Pfarrer Standfuss persönlich eine Sammlung unter allen Einwohnern von Schreiberhau durch und sammelte nicht nur bei den Evangelischen, sondern auch bei vielen Katholiken Spenden. Insgesamt kamen 321 Reichstaler, 1 Silbergroschen und 6 Pfennige zusammen. Weil diese Summe nicht reichte, nahm die Gemeinde 1844 ein Darlehen von 140 Talern auf. Außerdem stiftete Graf Schaffgotsch Kalk und Holz für den Bau der Mauer um den neuen Friedhof.

Der Friedhof wurde auf einem Grundstück von 2 Morgen angelegt, das 1843 von Ernst Liebig für 285 Taler gekauft wurde, und der Verkäufer auch noch 20 Taler für den Zweck spendete. Der Beschluss zum Kauf des Grundstücks wurde vom Pfarrer selbst ohne die übliche Rücksprache mit dem Kirchenkollegium seiner Gemeinde gefasst. Dieses genehmigte den Kauf nachträglich.

Im Herbst 1843 begannen die Gemeindemitglieder mit dem Sammeln von Steinen für den Bau der Friedhofsmauer, die sie im Winter zur Baustelle brachten. Für ihre Lagerung stellte der Müller August Wagenknecht einen Teil seines Ackers oberhalb des erworbenen Grundstücks zur Verfügung. Später stiftete er genau dieses Feld für den Friedhof. Am 10. Juni 1844 wurde der Grundstein gelegt. Der Vorsteher der Kirchengemeinde Kopp beaufsichtigte den Bau. Am 22. September 1844 fand die feierliche Einweihung des neuen evangelischen Friedhofs statt.

Wir wissen nicht, wer die erste Person war, die an diesem Ort begraben wurde und wann. Es sind keine Dokumente vorhanden. Der älteste erhaltene Eintrag nennt die Beerdigung von Ernestine Kahl, geborene Lange, Ehefrau eines Zolleinnehmers, die am 15. Februar 1846 in der Parzelle Nr. B182 beigesetzt wurde. Ein weiterer Eintrag stammt aus dem Jahr 1847 und betrifft Johann Gottlob Liebig, einen Glasschleifer, der am 9. März in Grab Nr. A89 beigesetzt wurde. Sicherlich starben in Schreiberhau zu dieser Zeit mehr Menschen als die beiden aufgeführten.

In den erhaltenen Katasterbüchern gibt es mehrere Einträge, die den Friedhof von Schreiberhau beschreiben. Aus ihnen geht hervor, dass der Friedhof dem „Kirchen Collegium (Evangelisch) zu Schreiberhau”, also der örtlichen evangelischen Kirchengemeinde gehörte. Seine Fläche bestand aus zwei Grundstücken „Am Dorfe”. Das erste Nr. 146 (1843 von Ernst Liebig erworben) mit einer Fläche von 1,88 Morgen, die 1878 auf 0,48 Hektar umgewandelt wurden. Das zweite (von August Wagenknecht geschenkt) wurde 1869 noch als Acker von 0,49 Hektar beschrieben. Er wurde mit der Nummer 139d gekennzeichnet. Insgesamt betrug die Fläche des Friedhofs 0,97 Hektar.

Auf dem Friedhof befand sich in der „unteren linken Ecke” eine Aussegnungshalle (nach Angaben von P. Wiater). Weitere Nachforschungen ergaben, dass diese Leichenhalle 1969 noch stand.

Nach 40 Jahren Betrieb war der Friedhof fast vollständig belegt und es war an der Zeit, ihn zu vergrößern. Im Jahr 1885 wurde die Parzelle Nr. 139d mit einer Fläche von 0,48 Hektar angegliedert. Nach den notwendigen Anpassungsarbeiten, zu denen auch die Ummauerung des Ganzen gehörte, wurde er am 2. Mai 1886 feierlich eingeweiht.

Nach dem Ersten Weltkrieg befasste sich der „Ausschuß für Friedhofspflege“ des „Bundes für Heimatschutz“ mit dem Aussehen von Friedhöfen. Der Bund für Heimatschutz setzte sich seit langem für Pflege von historischen Friedhöfen ein: Um die Heimatkultur zu bewahren, sollen die Friedhofsanlagen und Grabmäler erhalten werden, denn sie sind ein Kulturraum von unschätzbarem Wert. Sie wurden verstanden als Quelle des Wissens über die Geschichte des Ortes. Die Bestattung der Toten ist ein Zeugnis der Bräuche und des religiösen Empfindens, aber auch des Kunstsinns der Menschen in den Städten und Dörfern.

→ Artikel weiterlesen im GAL 73, S. 20 …


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