– Beitrag: Jürgen Karwelat –
Heute nahezu vergessen ist der aus Hirschberg stammende Schriftsteller Georg Heym. Vor 120 Jahren war das ganz anders. Da feierte man den jungen Verfasser nicht nur in Berlin als den neuen Stern am Himmel der literarischen Moderne. Er galt als Musterbild des modernen Großstadtdichters. Rainer Maria Rilke sprach von ihm voll „großer Bewunderung” und Gottfried Benn fand unter seinen Versen „das schönste Gedicht” des 20. Jahrhunderts. Und auch bei den Gedichten von Paul Celan sollen sich Spuren der Lyrik Georg Heyms finden (so Gunter Martens im Nachwort zu Georg Heym, Werke, Reclam Stuttgart 2006, Seite 362). Schon seine Zeitgenossen, wie zum Beispiel Kurt Hiller, der als erster den Begriff „Expressionismus” für die neue Literarturbewegung prägte, lobte Heym: „Georg Heym ist der wuchtigste, riesenhafteste, der dämonischte, zyklopischte (…) unter den Dichtern dieser Tage.” (zitiert nach Gunter Martens a.a.O.). Nicht zuletzt war der Ruhm des jungen Literaten auch zu Ernst Rowohlt nach Leipzig gelangt. Rowohlt nahm ihn unter Vertrag und forderte ihn auf, Manuskripte einzureichen.
Julius Bab, ein angesehener Theaterkritiker, glaubte in Heym „das vielleicht stärkste Talent des letzten Jahrzehnts” erkannt zu haben. Über eine Anthologie, in der auch Gedichte von Heym veröffentlicht wurden, äußerte er:
„Denn Georg Heym war, was jene (gemeint sind die anderen Autoren der 1912 von Kurt Hiller herausgegebenen Lyrikanthologie ’Der Kondor‘) nur scheinen möchten: ein vom Strudel der großstädtischen Impressionen wild geschleuderter moderner Mensch, ein Dichter, dessen Schönheitshunger sich in zornigen Ekstasen des Häßlichen ausraste. (…) Eine ungeheure Fülle des inneren und äußeren Gesichts lebte in diesem Heym, und ihr entsprach eine stürmisch zugreifende, fest ballende Kraft sinnlichen Ausdrucks.”
(zitiert nach Gunter Martens im Nachwort, Seite 363f ).
Geboren und aufgewachsen in Hirschberg
Wer war dieser Georg Heym, der 1887 in Hirschberg geboren wurde und dem nur ein kurzes Leben von 25 Jahren vergönnt war? Er starb auf tragische Weise am 16. Januar 1912 in Berlin, als er beim Schlittschuhlaufen auf der Havel in das Eis einbrach und ertrank.
Georg Heym wurde am 10. Oktober 1887 geboren. Sein Vater Hermann Heym (1850-1920) war ein preußischer Beamter, zuerst Staatsanwalt und dann ab 1900 Militärstaatsanwalt. Der Großvater von Georg war Gutsbesitzer und Oberamtsmann. Seine Mutter Jenny (um 18501923), eine geborene Taistrzik, kam aus dem begüterten Mittelstand. Sie war die Tochter eines Gutsbesitzers und Gerichtspräsidenten. Georg wuchs in Hirschberg zusammen mit seiner Schwester Gertrud (1889-1920) auf. 1903 erinnerte er sich:
„Ich bin in einer kleinen Stadt geboren, die mitten zwischen Bergen ein weltentlegenes Dasein führt. So kam auch ich in meiner Jugend nicht über die trennenden Berge, aber dafür wusste ich schon als kleiner Junge im Bergkessel gut Bescheid. Früh morgens ging ich mit dem Hirten auf die Bergweide, wo ich mich den Tag über herumtrieb. Ich fürchtete mich immer, wenn ich wieder in die muffige Gasse gehen sollte. Ich kannte jeden Strauch und Baum, redete mit ihnen und hörte sie mir im Winde antworten.”
(zitiert nach Gunter Martens im Nachwort, Seite 364f).
→ Beitrag weiterlesen im GAL Nr. 64, S. 40 …