– Beitrag: Józef Zaprucki –
Die schriftstellerische Laufbahn Fedor Sommers begann im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, in der Zeit der größten Erfolge des Naturalismus und des anderen großen Schlesiers, Gerhart Hauptmanns. Sein eigenes eher romantisches ästhetisches Lebenscredo zeigt sich in dem Gedicht „Auf der Wanderschaft” (1890):
Ich bin gewandert
Durch Berg und Au,
Im AbendschimmerIm Morgentau
In Sturm und Regen,
Im Sonnenschein,
In froher Runde
Und ganz allein.
Und wo mir blühte
Das Wanderglück,
Dahin im Liede
Kehrt’ ich zurück.
Ich bin gewandert
Die Lebensbahn
Erst kurze Strecke;
Noch geht’s bergan.
Doch oft hat Leiden
Den Weg beschwert,
Mich im Entsagen
Gar jung bewährt.
Was ich verloren
An Lebensglück,
das Lied mir brachte
Getreu zurück.
Fedor Sommer wurde am 21. September 1864 in Hohenfriedeberg/Dobromierz in der Familie eines Schlossermeisters geboren. Sein Vater pachtete wenige Jahre später die Zollstation in Nieder-Baumgarten/Sady Dolne, Reichstraße 6 (Chaussee Freiburg – Hohenfriedeberg – Bolkenhain). Das Zollhaus steht heute noch. Der künftige Schriftsteller wies schon in jungem Alter eine gewisse Ambivalenz seiner Persönlichkeit auf: Einerseits zeigte er ein großes Pflichtbewusstsein, Disziplin und rationale Gedankenführung, andererseits hatte er eine durchaus romantische Natur: Wie er in seinen Erinnerungen „Aus frühesten Jugendtagen” schrieb, liebte er es, aus dem kleinen Fenster der Dachbodenkammer des Elternhauses das schöne Panorama seiner Heimatstadt mit deren Kirchen und prächtigen Gärten zu beobachten.
Eine meiner Erinnerungen, die sich am weitesten in meine Kinderjahre zurücktastet, ist die an die große Bodenkammer unseres Hauses in Hohenfriedeberg. Sie war fast leer, denn sie diente zugleich als Wäscheboden. Mit einem ziemlich großen, oben halbrunden Fenster öffnete sie sich nach der Haupt– und überhaupt einzigen Straße meines winzigen Heimatstädtchens, von dem im weiteren Deutschland keine Katze etwas wüsste, hätte nicht Friedrich der Große durch seinen Sieg am Juni 1745 seinen Namen an die Sterne geknüpft.
Ein literarisches Abbild von Hohenfriedeberg und dessen Umgebung, mit den Augen seines Romanhelden, des frisch gebackenen Adjuvanten (Hilfslehrer) Richter gesehen, zeichnete der Schriftsteller später in einem seiner frühen Romane „In der Waldmühle”, der eine starke autobiographische Prägung hatte.
So ging er in entgegengesetzter Richtung an der Kirche vorüber. Am Abhange des steilen Kirchenhügels leitete ihn hierein breiter Kiesweg weiter. Talwärts war er mit hohen Goldregenbäumen besetzt. Zur Zeit der Blüte stellte sich Richter vor, musste das ein prächtig goldgelber Saum sein. Und zwischen den Bäumen, welch ein herrlicher Blick ins weite Land hinaus!
Der Erzähler, einsam durch den Hohenfriedeberger Friedhof spazierend, stellt fest, wie schön dieser sei und wie romantisch er anmute, und dass man hier gut ruhen könnte. Die Worte dieses inneren Monologs erwiesen sich als prophetisch, denn Sommer fand nach seinem Tod 1930 die letzte Ruhe in der Familiengruft seiner Frau auf eben diesem Friedhof. Die Gruft ist bis heute erhalten geblieben.
→ Weiterlesen im GAL 72, S. 29 …